Finanzvertrieb
Bei einem Finanzvertrieb handelt es sich um eine Vertriebsorganisation, die hauptsächlich Privatkunden ein umfassendes Angebot an Finanzprodukten in Form von beispielsweise Vermögensanlagen, Finanzierungen und Versicherungen vermittelt.
Die angebotenen Finanzprodukte werden dabei üblicherweise von anderen Finanzdienstleistern wie beispielsweise Banken und Versicherungen zur Verfügung gestellt. Insofern ist der Finanzvertrieb zwar der Ansprechpartner für den Kunden und derjenige, der die Geschäfte vermittelt, Vertragspartner des Kunden ist aber der jeweilige Finanzdienstleister.
Der Finanzvertrieb:
Die Branche der Vertriebsorganisationen, die sich selbst als unabhängige Finanzvermittler bezeichnen, entwickelte sich Anfang der 1970er-Jahre.
Im Zuge der Verbreitung des Internets entstanden ab 1995 dann zusätzlich Finanzvertriebe, die sich auf bestimmte Produktsegmente spezialisiert haben, beispielsweise auf die Immobilienfinanzierung oder auf private Krankenversicherungen.
Im Unterschied zu den meisten bereits länger bestehenden Anbietern sind diese neueren Finanzvertriebe aber nicht als Strukturvertriebe organisiert.
Anleitung für den Finanzvertrieb
Das Konzept des Finanzvertriebs beruht auf der Vermittlung von Vertragsabschlüssen zwischen Kunden und Unternehmen der Finanzwirtschaft. Für den Kunden sind die Beratung und die Vermittlung theoretisch kostenlos, denn der Finanzvertrieb erhält seine Vergütung in Form einer Provision oder einer Courtage für jedes vermittelte Geschäft von dem Finanzdienstleister.
Die Provisionen oder Courtagen sind jedoch in aller Regel bereits in die Prämie des Finanzproduktes einkalkuliert. Welche Strategie der Finanzvertrieb verfolgt, um Kunden zu gewinnen, hängt von den Zielgruppen und der Organisationsform ab. Strukturvertriebe arbeiten in erster Linie mit Kontakten aus dem privaten und persönlichen Umfeld, andere Finanzvertriebe sprechen gezielt einzelne Kundengruppen wie beispielsweise Akademiker an. Über das Internet organisierte Finanzvertriebe generieren Kundenkontakte durch gezielte Werbung, meist ebenfalls per Internet.
Insbesondere die Finanzvertriebe, die seit Mitte der 1990er-Jahre entstanden sind, arbeiten in unterschiedlichen Strukturen mit dem Vertriebspersonal zusammen. So gibt es Finanzvertriebe, bei denen das Vertriebspersonal aus angestellten Mitarbeitern besteht, andere Finanzvertriebe arbeiten mit selbstständigen Finanzmaklern auf Basis von Franchiseverträgen zusammen. Am weitesten verbreitet ist jedoch das Modell von selbstständigen Handelsvertretern als Vertriebspersonal des Finanzvertriebs.
Sowohl auch Sicht des Vermittlers als auch aus Sicht des Finanzdienstleisters bietet der Finanzvertrieb einige entscheidende Vorteile:
Vorteile aus Sicht des Vermittlers | Vorteile aus Sicht des Finanzdienstleisters |
Die vereinbarte Provision wird unmittelbar nach Vertragsabschluss fällig. | Geringere Kosten für Werbung, Vertrieb und eigenes Personal |
Der weitere Vertragsverlauf sowie die Pflege der Kundenbeziehung fallen in den Zuständigkeitsbereich des Finanzdienstleisters. | Geringere Absatzrisiken, denn Provisionen müssen nur bei einem erfolgreichen Vertragsabschluss bezahlt werden |
Laut der EU-Vermittlerrichtlinie sind kein Sachkundenachweis (wie bei freien Versicherungsvermittlern) und keine eigene Haftpflichtversicherung nötig. | Keine Haftung für Fehler des Finanzvertriebs, beispielsweise im Hinblick auf eine falsche Beratung oder unvollständige Risikoaufklärung |
Strategie und Konzept für den Finanzvertrieb
Aus Sicht des Verbrauchers ist der Finanzvertrieb vor allem deshalb vorteilhaft, weil er die Bedarfsanalyse sowie die Marktrecherche für den Kunden übernimmt. Zudem muss der Kunde an den Finanzvertrieb, anders als bei der Inanspruchnahme von Finanz- und Vermögensberatern, kein Honorar bezahlen.
Allerdings werfen Verbraucherschutzorganisationen Finanzvertrieben regelmäßig vor, Kunden fehlerhaft und unvollständig zu beraten. Die Hauptkritikpunkte sind dabei die irreführende Darstellung als unabhängige und objektive Berater, der vorherrschende Verkaufsdruck, dem Handelsvertreter ausgesetzt sind, sowie die teils wenig anspruchsvolle Ausbildung.
Konkret sieht sich der Finanzvertrieb folgender Kritik gegenüber:
- Ein Finanzvertrieb ist eine Vertriebsorganisation, die Finanzdienstleistern Kunden vermittelt und dafür eine Provision erhält. Dem Kunden gegenüber tritt der Finanzvertrieb jedoch als Berater auf, der sie unabhängig und objektiv bei der Wahl geeigneter Finanzprodukte und Finanzdienstler berät. Dies birgt einen Widerspruch in sich, denn der Finanzvertrieb handelt zum einen aus wirtschaftlichem Eigeninteresse und ist durch die Vertragsbeziehung zum anderen zu Loyalität gegenüber dem jeweiligen Finanzdienstleister verpflichtet.
- Der Finanzvertrieb erhält kein Honorar von dem Kunden, sondern wird in Form von Abschlussprovisionen vergütet. Die Höhe der Provisionen kann jedoch je nach Produkt sehr unterschiedlich ausfallen, so dass der Finanzvertrieb aus eigenem Interesse bemüht sein wird, solche Produkte zu vermitteln, die ihm die höchsten Provisionen einbringen. Teilweise erhalten Finanzvertriebe außerdem zusätzliche Zuwendungen im Rahmen von Premiumpartnerschaften, die zu einer weiteren Beeinflussung der Vertriebsaktivitäten führen.
- Der Finanzvertrieb erhält seine Vergütung in aller Regel dann, wenn es zu einem Vertragsabschluss kommt. Insofern besteht für ihn letztlich kein Anreiz, auf Besonderheiten im weiteren Vertragsverlauf hinzuweisen und auf diese Weise seinen Geschäftsabschluss zu gefährden.
- Die Organisation als Strukturvertrieb erzeugt einen zusätzlichen Verkaufsdruck. Handelsvertreter, die innerhalb eines bestimmten Zeitraumes eine festgelegte Anzahl an Abschlüssen oder eine bestimmte Umsatzhöhe erreichen, steigen in der Vertriebshierarchie auf. Dadurch erhalten sie dann nicht nur höhere Provisionen, sondern sind auch an den Umsätzen der Vertriebsmitarbeiter beteiligt, die unter ihrer Anleitung arbeiten oder ihnen untergeordnet sind.
Anders als bei der Vermittlung von Versicherungsprodukten als freier Vermittler ist für die Vermittlung von anderen Finanzprodukten wie beispielsweise Kapitalanlagen kein Sachkundenachweis erforderlich. Allerdings muss der Finanzvertriebsmitarbeiter seine Kunden strenggenommen darauf hinweisen, dass er über keine Ausbildung oder Fachqualifikation im Finanzdienstleistungssektor verfügt.
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Thema: Finanzvertrieb
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