Wie viel Potenzial haben hybride Geschäftsmodelle?
Der stationäre Handel hat längst erkannt, dass sich das Konsumverhalten ändert. Der moderne Verbraucher kauft bevorzugt online ein und möchte die Annehmlichkeiten des digitalen Handels nicht mehr missen. Auch Dienstleistungen und Unterhaltungsangebote laufen vermehrt übers Internet ab. Eine Möglichkeit, um diesem Wandel zu begegnen, bieten hybride Geschäftsmodelle.
Sie verknüpfen physische und virtuelle Angebote miteinander und decken auf diese Weise die Bedürfnisse potenzieller Kunden flexibel ab.
Doch wie viel Potenzial haben hybride Geschäftsmodelle wirklich? Und wie kann die Umsetzung gelingen?:
Inhalt
Die Glücksspielbranche als Beispiel
Durch den Glücksspielstaatsvertrag wurden digitale Spielstätten in Deutschland legalisiert. Während sich reine Online-Anbieter auf das virtuelle Angebot konzentrieren, setzen vor allem die niedergelassenen Spielbanken hybride Modelle um.
Das Ziel dahinter ist, durch diese Flexibilität die Wünsche der Kundschaft in beiden Varianten abzudecken.
In dieser Branche gehört zu den größten Herausforderungen für hybride Modelle, dass die Konzepte den Schwerpunkt nicht auf nur einen Bereich legen. Konzentriert sich eine Spielbank auf den Erhalt der örtlichen Spielstätten, verliert sie womöglich ihre digital-affinen Kund:innen.
Fokussiert sie sich hingegen auf das virtuelle Angebot, gehen ihr die Einnahmen durch die örtlichen Spielstätten verloren.
Die Glücksspielbranche ist ein gutes Beispiel dafür, wie es gelingen kann, die virtuelle und die analoge Welt erfolgreich miteinander zu verbinden. Dabei lässt sich das Konzept auf viele Branchen übertragen.
Vor allem im Handel könnten hybride Geschäftsmodelle nicht nur den Händlern, sondern auch den Innenstädten zugutekommen.
Fließender Wechsel zwischen den Angeboten
Über 80 Prozent der Deutschen haben schon einmal im Netz eingekauft. Mit 74 Prozent gehörten im Jahr 2023 Kleidung und Schuhe zu den beliebtesten Produkten für Online-Einkäufe. Gleichzeitig wachsen die digitalen Einkaufswelten stetig.
Sogar Supermärkte liefern inzwischen Waren, die sich die Kund:innen im virtuellen Einkaufskorb zusammengestellt haben.
Doch interessant ist, dass Kund:innen den stationären Handel weiterhin nutzen, zum Beispiel um sich Produkte anzuschauen und sie anzuprobieren. Gekauft wird dann online. Denn im Netz ist das Angebot größer und oft auch kostengünstiger. Lieferdienste bringen die Bestellung teilweise innerhalb weniger Stunden bequem nach Hause, und wenn die Ware nicht gefällt, kann sie meist kostenfrei zurückgeschickt werden.
Das Konzept funktioniert aber auch andersherum. Kund:innen informieren sich im Internet, kaufen dann aber im Geschäft vor Ort. Daraus ergibt sich der Vorteil, dass Kund:innen dem Verkäufer nicht ahnungslos gegenüberstehen.
Sie wissen genau, was sie wollen, ohne auf die Serviceleistungen des stationären Handels verzichten zu müssen.
Ein anderer interessanter Ansatz ist, die online bestellte Ware in eine örtliche Filiale liefern zu lassen. Auf diese Weise sparen Kund:innen nicht nur Versandkosten, sondern können sich die Ware vor Ort anschauen und bei Bedarf reklamieren.
Eine repräsentative Umfrage zeigte, dass die Mehrheit der Befragten im hybriden Einkaufen die beste Lösung sieht. 44 Prozent gaben an, künftig sowohl online als auch offline einkaufen zu wollen. Nur 18 Prozent bevorzugten das klassische Einkaufen im Laden vor Ort.
Ein wesentliches Kriterium, das für 72 Prozent der Befragten sehr wichtig ist und die Entscheidung maßgeblich beeinflusst, ist der Kundenservice. Gleichzeitig ist das eine der Schwachstellen im Onlinehandel.
Im Laden vor Ort haben Kund:innen einen Ansprechpartner und können sich direkt beraten lassen. Genau das ist zugleich einer der Ansätze, die hybride Geschäftsmodelle zukunftsfähig machen.
Die Vorteile hybrider Geschäftsmodelle
Mit hybriden Läden können Kund:innen die Vorteile aus der Online- und der Offline-Welt nutzen. Doch aus Sicht von Marketing und Vertrieb ergeben sich auch für die Händler große Vorteile. Dazu gehört, dass das hybride Einkaufen die Möglichkeit eröffnet, die Customer Journey vom Beginn bis zum Ende zu begleiten.
CRM-Systeme im Internet können Wünsche, Bedürfnisse und individuelle Vorlieben von Kund:innen analysieren. An der Kasse kann Software die Kundenaktivitäten nachverfolgen und die Kaufgewohnheiten auswerten.
Mitarbeiter:innen vor Ort haben durch den direkten Kundenkontakt die Möglichkeit, einen individuellen und personalisierten Service zu bieten. Im hybriden Shop der Zukunft können Kund:innen einen Termin für eine persönliche Beratung oder eine Anprobe buchen.
Während sich die Kund:innen die Produkte ihrer Wahl bequem von daheim aus im virtuellen Warenkorb zusammenstellen, können sie die Artikel vor Ort begleitet durch eine Beratung vom Verkäufer anschauen, anprobieren und testen.
Die praktische Umsetzung
Für eine praktische Umsetzung muss die Bereitschaft für Veränderung vorhanden sein. Viele Läden bieten bereits die Möglichkeit, Online-Bestellungen in der Filiale abzuholen. Diese Angebote werden von Kund:innen rege genutzt.
Doch es gibt natürlich noch weitere Ansätze, wie hybride Geschäftsmodelle in der Praxis funktionieren können:
- Flagship-Stores: Händler können ihre Ware über Online-Shops verkaufen und zusätzlich dazu vor Ort Flagship-Stores betreiben. Die Anzahl dieser Vorzeigefilialen ist zwar begrenzt. Trotzdem haben Kund:innen Ansprechpartner, an die sie sich wenden können, wenn sie Fragen haben oder die Produkte live sehen möchten.
- Kontaktloses Bezahlen: In Deutschland sind Selbstbedienungskassen, an denen Kund:innen ihre Waren selbst scannen und bezahlen, weniger verbreitet als in anderen Ländern. Hybride Läden sollten aber unbedingt kontaktlose, digitale Bezahlmöglichkeiten anbieten. Denn auf diese Weise greifen sie die Gewohnheiten auf, die digital-affine Kund:innen an Online-Shops schätzen.
- QR-Codes: QR-Codes können als flexible Werkzeuge Kund:innen vor Ort digitale Informationen zur Verfügung stellen. Von vertiefenden Produktangaben über Preisvergleiche bis hin zu Finanzierungsmöglichkeiten oder Bezahlvorgängen können durch die Codes verschiedenste Aktionen durchgeführt werden, die Kund:innen aus dem Online-Shopping kennen.
- Augmented Reality (AR): Technologien wie AR werden im Handel der Zukunft eine wichtige Rolle spielen. AR ermöglicht, Produkte realitätsnah zu präsentieren und personalisierte Einkaufserlebnisse zu schaffen, indem Kund:innen Kleidungsstücke zum Beispiel virtuell anprobieren oder Möbelstücke in ihrem Wohnraum positionieren können. Auf diese Weise verkürzt sich der Weg zwischen Online und Offline.
Hybride Geschäftsmodelle verändern das klassische Berufsbild des Verkäufers. Selbstbedienungskassen ersetzen Kassierer, KI-Systeme verwalten das Warenlager und kümmern sich um Bestellungen.
Der Verkäufer hingegen wird wieder mehr zum Berater und Ansprechpartner des Kunden. Dabei muss sich seine Tätigkeit aber nicht nur auf die reale Verkaufsfläche beschränken. Virtuelle Warenpräsentationen und Verkaufsberatungen könnten ebenso an Bedeutung gewinnen wie die Kommunikation über soziale Netzwerke.
Mehr Ratgeber, Tipps und Anleitungen:
- Beratung von B2B-Kunden im Vertriebsaußendienst
- Der Vertrieb im Zeitalter der Digitalisierung
- 5 Mindset-Tipps gegen Akquise-Bedenken
- Verbale und nonverbale Kaufsignale von Kunden erkennen
- 5 Tipps zur Preisfindung
- 6 aktuelle Fragen zu Dropshipping
- 7 häufige Störfaktoren bei der Teamarbeit im Vertrieb
- Infos und Tipps zu Verkaufsgesprächen auf Messen, 2. Teil
Thema: Wie viel Potenzial haben hybride Geschäftsmodelle?
Übersicht:
Fachartikel
Verzeichnis
Über uns
- Welche Ziele hat die Wertanalyse? - 6. Februar 2025
- Was sagt der Net Promoter Score (NPS) aus? - 7. Januar 2025
- Was unterscheidet den KPI vom PI? - 15. November 2024